Main-Echo

13.04.2013

 

Selbstbewusst zur eigenen Satzung

Integration: Türkinnen und Deutsche gründen Verein »Frauen für Frauen« - Bildung fördern und Vorbild sein

Gründungsversammlung

Vorstandsmitglieder bei der Arbeit: Schriftführerin Conni Großmann (links) verliest die Satzung, die von der stellvertretenden Vorsitzenden Zuhal Coskun (rechts) Wort für Wort ins Türkische übersetzt wird. Mit der Kassenprüferin Heike Buhleier (Zweite von links) und der Vorsitzenden Nilüfer Aktürk haben sie die Gründung des Vereins »Frauen für Frauen« gut vorbereitet. Foto: Ruth Weitz

 

»Vor acht, neun Jahren war ich noch schüchtern. Dann habe ich eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht, mit 45 Jahren. Wenn man will, kann man«, sagt Hava Aktürk und nickt so kräftig, dass ihre dunkelrote Mähne bebt. Jetzt kandidiert sie für das Amt der Kassiererin beim Verein »Frauen für Frauen« - und sie wird gewählt. Der Verein, der zum Ziel hat, die Chancen von Frauen mit und ohne Migrationshintergrund zu verbessern, hat sich am Donnerstag in Erlenbach gegründet.

Umarmungen, Händeschütteln, Küsschen, Lachen: Im Bürgerkeller geht es herzlich zu. Deutsche und türkische Frauen begegnen sich, junge Frauen und ältere, Frauen mit und ohne Kopftuch. Die Stadträtin sitzt neben der Hausfrau, die ehemalige Kindergartenleiterin neben der Mutter. »Zwei Drittel meiner ehemaligen Eltern sitzen hier«, sagt Anne Ehrentraud, die den Kindergarten Fröbelstraße geleitet hat. »Wir haben viele Kinder mit Migrationshintergrund.«

Auch drei Männer sind gekommen. Im Nebenraum des Bürgerkellers ist kein Platz mehr frei, die rund 50 Frauen rücken eng zusammen. Es ist offensichtlich, dass diese Begegnungen selbstverständlich sind, die Vereinsgründung ist nicht der Beginn eines Prozesses, sondern seine Fortführung in neuem Gewand.

Vorarbeit durch Awo-Projekt

Die Vorarbeit hat ein auf drei Jahre angelegtes Integrationsprojekt unter den Fittichen der Arbeiterwohlfahrt geleistet, gefördert vom Bundesministerium des Inneren und geleitet von Conni Großmann und Anne Tulke. Die Projektarbeit der Awo wird im Juli zu Ende gehen. Mit einem Verein, so glauben die Verantwortlichen, können die Anliegen der Frauen künftig am besten gefördert werden.

Bürgermeister Michael Berninger ist persönlich gekommen. Neben ihm sitzt der Vorsitzende der Ditib-Gemeinde, Feyaz Kelpetin, in der Tasche eine Spende von 50 Euro. Am äußersten Ende der Tische hat ein Abgesandter des Volkshauses Halkevi Aschaffenburg Platz genommen. »Wir suchen die Zusammenarbeit«, sagt Yucel Yilmaz.

Doch das Wort haben die Frauen. Dass sie aufgeregt ist, merkt man der angehenden Vorsitzenden Nilüfer Aktürk kaum an. Mit den Vorstandskandidatinnen hat die 37-jährige Mutter, die als Kassiererin arbeitet und ein Fernstudium der Volkswirtschaft absolviert, den Abend gut vorbereitet. Sie verliest die Satzung, die ihre künftige Stellvertreterin Zuhal Coskun Wort für Wort ins Türkische übersetzt. Die Zuhörerinnen lauschen gern der melodiösen Sprache, auch wenn es etwas länger dauert. »Es klingt so schön.«

Bürgermeister unter Termindruck

Nur der Bürgermeister, der die Wahl leiten soll, hat es eilig. Termindruck. Er möchte den Satzungsentwurf abändern, um die Wahl zu beschleunigen. »Männer!«, raunt eine Frau in die Runde, und die 35 Gründungsmitglieder sind selbstbewusst genug, bei ihrem Entwurf zu bleiben. Der Vorstand wird, wie geplant, in geheimer Wahl gewählt. Die stellvertretende Bürgermeisterin Anne Tulke übernimmt die Wahlleitung.

Informieren und stärken

»Ich bin stolz auf die Frauen und darauf, dass wir sie so weit gebracht haben, die Vereinsgründung mit allen Regularien zu wagen«, sagt Anne Tulke. »Eine Anforderung an unser Integrationsprojekt war es, eine nachhaltige Wirkung zu erzielen. Diese sehen wir in dem Verein.« Conni Großmann, die später Schriftführerin wird, betont: »Es ist für die Frauen eine Mutprobe, öffentlich zu sprechen und ihre Meinung zu äußern.«

 Großmann ist zuversichtlich, dass der Verein einen guten Start haben wird. »Mehrere Spieler ziehen an einem Strang, die Awo, der Agenda-Arbeitskreis, das Jugendamt, die Stadt. Auch die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Susanne Seidel, ist gekommen und verspricht Unterstützung. »Wir haben ein Netzwerk aufgebaut und möchten die Kontakte für den Verein nutzen«, so Großmann.

Offen ist, ob der Verein Räume von der Awo anmieten kann, und ob es, wie erhofft, von der Stadt Unterstützung für eine Kinderbetreuung geben wird. Dass über letzteres nicht der Bürgermeister, sondern der Stadtrat entscheidet, hat Michael Berninger den Frauen in der Versammlung erklärt. Wissen über kommunalpolitische Prozesse ist nicht für alle selbstverständlich. Auch hier sieht der Verein seine Aufgaben: informieren, Bildung fördern, Erziehungskompetenz stärken.

»Wenn viele Menschen viele kleine Schritte tun, kann man Großes erreichen«, schließt die gewählte Vorsitzende Nilüfer Aktürk den Abend. Einen Schritt tut der Agenda-Arbeitskreis sogleich. Er übergibt 560 Euro.

Sonja Maurer

Kontakt: Nilüfer Aktürk,

Tel. 01 60 / 96 44 22 98


 

 

Das Projekt

"Starke Mütter - Starke Kinder"

 

Büro:

Nebengebäude Jugendzentrum

Liebigstraße 49

Postfach: 1131, 63906 Erlenbach

E-Mail: fff-erlenbach@web.de

Ansprechpartner:

Silke Buhleier

Sabina Fuchs

Conni Großmann

Tel. 0176 - 31 79 92 41

 

Öffnungszeiten:

Dienstag u. Donnerstag

8:30 Uhr bis 11:30 Uhr

Mittwoch

8:30 bis 15:30 Uhr

Weitere Termine nach Absprache

 

 

 

Termine:

 

Mutter-Kind-Gruppe

für alle Mamas und deren Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren

Dienstag, 9:30 Uhr - 10:30 Uhr

und 10:45 - 11:45 Uhr

 

Sprechkurs

Deutsch sprechen leicht gemacht

Dienstag, 9:00 - 10:30 Uhr

 

Frauenfrühstück

für Jung und Alt

Mittwoch, 9:00 Uhr - 11:15 Uhr

 

"Meine Oma lernt Deutsch"

Mittwoch, 14:00 Uhr - 15:30 Uhr

 

Müttercafé AtemPause

Offenes Frühstück mit Kinderbetreuung

Donnerstag, 9:00 - 11:00 Uhr